Ein Auszug aus dem Artikel von Marc Torel (Quelle: Der Dreißigjährige Krieg 1966 - 1996 - Die Bekämpfung der Hüftgelenksdysplasie des Hundes in Deutschland)
Über eine sorgsame Ernährung und Pflege der Mutterhündin während der Trächtigkeit, einer schonenden Aufzucht der Welpen und Junghunde sowie einer Verbesserung ihrer Umwelt wären die Skeletterkrankungen des Hundes mit der Hüftgelenksdysplasie (HD), der Ellbogendysplasie (ED) und den verschiedenen anderen Dysplasien künftig beherrschbar. Dies ist aber nur unter mehr rationalen Aspekten und weniger emotionalen Aspekten von Seiten der Hundehalter und der Tierärzteschaft möglich. Die Prophylaxe der Skeletterkrankungen des Hundes beginnt deshalb im Grunde mit einem gewissen Misstrauen gegen die Werbeaussagen in der Tiernahrung. Als Grundregel sollte gelten, den Hund nicht ausschließlich mit Fertigfutter und keineswegs nur mit den Produkten eines Herstellers zu ernähren, sondern mit "Hausmannskost" zu wechseln, sofern man nicht gleich auf selbst zubereitetes Futter übergehen will. Wenn Fertigfutter gleich welcher Art verwendet wird, sollten nur Produkte mit allenfalls 5.000 IE Vitamin A und 1.000 Vitamin D3 pro 1.000 g Futter eingesetzt werden. Cave Welpenmilch! (Anm.= Achtung, Vorsicht vor Welpenmilch) Als weitere Grundregel sollte gelten, jeglichen Schnickschnack in der Ernährung des Hundes mit Astronautennahrungen, Bio-Aktivatoren, Energie-Pasten, Power-Mixe, Rundumversorgungen und Tonika zu unterlassen und das bezeichnete Sammelsurium von Mineralstoffpräparaten zu meiden. Wenn Calcium- und/oder Phosphorpräparate eingesetzt werden, müssten diese "Calciumcitrat, Calciumlaktat und Calciumgluconat" enthalten und den Anforderungen des Deutschen Arzneibuches (DAB) oder anderen internationalen Pharmakopäen (Ph. Eur., USP) entsprechen. Es ist schon ein Unterschied, ob dem Hund gemahlener Kalkstein oder hochgereinigte organische über Zitronen-, Milch- und Gluconsäure fermentierte Calciumverbindungen verabreicht werden. Mineralstoffpräparate dürfen nicht vitaminisiert sein.Trinkampullen sind nichts für Saugwelpen. Alternativ stehen auf dem Markt auch hochwertige Knochenmehle und
lyophilisierte Kalbsknochen zur Verfügung. Die gefriergetrockneten
Kalbsknochen werden in flüssig/breiiger Nahrung rekonstituiert
und enthalten Calicum und Phosphor sowie die für den Knochenaufbau
notwendigen Spurenelemente in physiologischer Zusammensetzung. Es wird hauptsächlich Frischfleisch mit Flocken unter Zusatz von frischem Gemüse und Knochenmehl vom Metzger gegeben und nur in ganz geringem Umfang und anteilmäßig Fertigfutter, dessen Vitamin A- und D3-Werte am unteren Ende der Level-Skala liegen. Ein Teil der Züchter geht über die Vorgabe des Verbandes hinaus und füttert ausschließlich selbst zubereitetes Futter mit Gemüse und Knochenmehl. Der Erfolg ist frappierend: Die Hovawarte haben mit 83,6% HD-freier Hunde im Jahre 1992 und 91,2% HD-freier Hunde im Jahre 1993 die geringste HD-Frequenz aller Rassehundepopulationen in der Bundesrepublik. Diese Entwicklung bestätigt, dass der HD über die Ernährung beizukommen ist und nach Optimierung der noch verbesserungsfähigen Ernährung bei den Hovawarten die HD eliminiert werden kann. Mit Herz, Leber, Niere, Pansen, Euter und Muskelfleisch vom eigenen Metzger und Haferflocken kann man bei Hündin und Welpen nichts falsch machen, sofern man das reine organische Calcium ohne Phosphor - 200/300 mg pro kg/Körpergewicht (Anm. 200 mg = 0,2 g) - und eine Prise Kochsalz nicht vergisst. Die Innereien sollten vom Rind und nicht vom Kalb oder Schwein sein, damit das in der Viehzucht trotz EU Verbot immer noch eingesetzte und in den Lebern und Nieren junger Schlachttiere gespeicherte Wachstumshormon Somatotropin nach Beendigung der Wachstumsphase weitgehend abgebaut ist. Beim heranwachsenden jungen Hund kann man ab dem 2./3. Lebensmonat mit Reis und Teigwaren sowie mit Eiern, Käse, Geflügel und Fisch abwechseln. Eine Pasta mit Hackfleisch und Soße oder ein Eintopf mit Fleisch, Gemüse, Kräutern und Gewürzen bekommt jedem Hund. Ein Butterbrot oder ein Brot mit Leberwurst wird gern genommen und gut vertragen. Frischmilch wird in der Regel von allen Hunden ebenfalls gern angenommen und gut vertragen, auch wennn immer wieder das Gegenteil behauptet wird. Man wird nicht gerade nach einem Spaziergang dem Hund erstmals und zur Löschung des Durstes eine größere Portion Milch zum Trinken geben, sondern nach einer Hauptmahlzeit mit ganz kleinen Mengen beginnen und langsam steigern. Gemüse wird vom Hund gut vertragen, sollte aber zumindest gedünstet sein. Mit Karotten nimmt er Beta-Carotin als Provitamin A auf. Kartoffeln sind in verarbeitetem Zustand nützlich und bekömmlich. Man kann sie in der Schale kochen und anstelle von Zerealien mit Schlachtabfällen und Küchenkräutern mischen. Dagegen sind rohes Obst oder Salate weniger oder nicht geeignet. Mit einer derart gemischten Kost erhält der Hund auch weitgehend alle Vitamine und Spurenelemente, die er benötigt. Zur Vermeidung einer Fehlernährung, besonders von Mängeln oder von methodischen Fehlern der Ernährung ist es unbedingt erforderlich, die Grundnahrungsmittel des Hundes regelmäßig zu wechseln. Das heißt aber nicht, dass man den Hund fasten oder hungern lassen muss. Die Skeletterkrankungen bei großwüchsigen Rassen, besonders bei Doggen, kommen nicht allein von der ad libitum Fütterung. Auf die dargestellte Fehlernährung mit Hypervitaminisierung reagiert nämlich der Organismus des Hundes mit einer verstärkten Ausschüttung der Schilddrüsenhormone Thyroxin und Trijodthyronin sowie des insulinähnlichen Wachstumsfaktors IGF-I und in deren Gefolge mit größerem Hunger und verstärkter Nahrungsaufnahme. Wenn diese Hunde eine ausgewogene und tatsächlich optimierte Nahrung erhielten, würde sich auch der gesteigerte Appetit normalisieren und sie könnten durch ad libitum gefüttert werden. In früheren Zeiten wurden großwüchsige Hunde meist ad libitum gefüttert und bekamen davon auch keine Osteochondrose. Wenn der Treibhauseffekt in der Ernährung des Hundes wegfallen
würde, ließe sich auch die Produktion des Wachstumshormons
Somatotropin, der Schilddrüsenhormone T3 und T4 sowie des IGF-I
in seinem Organismus normalisieren. Da diese Hormone wesentliche
Faktoren bei der Entstehung der Skeletterkrankungen und der HD darstellen,
muss ihnen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Mit der Anwendung
von UV- und Infrarotbestrahlung durch Lampen bei Welpen sollte man
Zurückhaltung üben, da hierdurch Stoffwechselvorgänge
und Hormonausschüttungen aktiviert werden. "viel hilft auch viel", sondern eher "allzu viel ist ungesund". Das betrifft insbesondere die Vitamine A und D3 sowie das neuerdings als Wundermittel angepriesene Biotin. Dagegen können in der Zusammensetzung ausgewogene B-Komplex-Präparate sowie Vitamin C aus der Apotheke oder über den Tresen der Tierarztpraxis und keineswegs vom Versandhandel schon einmal angebracht und ohne Schaden nützlich sein. Es kommt auf die Galenik und die Bioverfügbarkeit im Organismus an. Bei einer tatsächlich ausgewogenen und optimierten Ernährung braucht er aber auch diese Vitamine nicht. Fertigfutter gleich weder Art ist bezüglich der Mineralstoffe
Calcium und Phosphor nicht "optimiert". In der Regel wurde
ohne Berücksichtigung des effektiven Calcium-/Phosphorgehalts
der Fleisch-/Zerealienmischung das schwer lösliche Dicalciumphosphat
hinzugefügt. Das Ungleichgewicht durch Phosphorüberschuss
bleibt fast gleich. Einige andere Produkte enthalten den ebenfalls
anorganischen kohlensauren Futterkalk bzw. Calciumkarbonat ohne Phosphor,
aber gleichermaßen schwer löslich und mit unzureichender
Resorption. Hierbei geht es in erster Linie um die Kosten. Dicalciumphosphat
und Calciumkarbonat kosten pro Tonne ab Hersteller DM 800,--/1.500,--,
die organischen Calciumsalze Zitrat, Laktat und Gluconat mit Dm 8.000,--/15.000,--
das Zehnfache. Sowohl Fertigfutter als auch selbst zubereitetes Futter ist bei normaler Nahrungsaufnahme mit reinem Calcium ohne Phosphor zu supplementieren, da bei der üblichen Ernährung des Hundes der natürliche Gehalt an Phosphor überwiegt. Calcium-/Phosphorverbindungen sind nur bei reduzierter Nahrungsaufnahme mit einem geringen Anteil dieser Mineralstoffe angezeigt. Aber in diesen Fällen sollte man dem Hund anstelle von anorganischem Futterkalk ein Knochenmehl guter Qualität geben. Die Werbeaussagen der Hersteller bei den Tierärzten und Hundehaltern, dass in einer Vollnahrung Calcium und Phosphor ausreichend und im richtigen Verhältnis enthalten und die Zugabe von Mineralstoffpräparaten schädlich sei, trifft somit in dieser pauschalen Form nicht zu und muss relativiert werden. Es trifft zweifelslos zu, dass eine exzessive Verabreichung von Mineralstoffpräparaten für den Hund schädlich ist. Bei gleichzeitiger Gabe von überhöhten Dosen Vitamin D3 kommt es zu einer verstärkten Resorption von Calcium aus dem Darm und zu einer Einlagerung in den Epiphysen des Femur mit den schwerwiegenden Folgen einer aseptischen Nekrose . Das liegt aber nicht allein am Calcium, sondern vor allem an der Hypervitaminisierung mit einer Kumulation aus dem Vitamin D3 des Fertigfutters und des Vitamin D3 des Futterkalks. Neben Gefäßverkalkungen kommt es weiterhin zu Magen- und Darmstörungen aufgrund einer Malabsorption, wobei auch die Magensäure neutralisiert und der Säure-Basen-Haushalt gestört wird. Dagegen trifft es nicht zu, dass organische Calciumsalze allein schädlich sind. Sie sind vielmehr zur Supplementierung der Nahrung und zur Erhaltung eines physiologischen Calcium-/Phosphor-Quotienten von 1,1 - 1,2 : 1 erforderlich. Ohne gleichzeitige Vitaminisierung werden auch höhere Dosen ohne Risiko toleriert. Gegenüber dem anorganischen Futterkalk kommen Zitrat, Laktat und Gluconat wegen der besseren Resorption mit geringeren Mengen aus. Vitaminisierte Mineralstoffpräparate sind aber wegen der damit verbundenen Risiken grundsätzlich abzulehnen. Bemerkung zu dem Artikel: "Torel ist ein Pseudonym hinter dem sich der Hersteller von Seine Beobachtung, daß Hunde auch ohne Fertigfutter groß werden
ist Soviel als Bemerkung von einem Tierarzt. Soviel ich weiß, haben die Hovawart-Züchter schon seit
einiger Zeit alle HD-Hunde aus dem Zuchtprogramm ausgeschlossen und
züchten nur noch mit A-Hunden. Seit 1984 wird nur noch mit HD-freien
(A) Hunden gezüchtet. Für mehr Information besuchen Sie bitte die Seite des RZV unter Rasse/Gesundheit. Ob die Fütterung dabei eine Rolle spielte, ist mir nicht bekannt. |